Gero P. Weishaupt
                                                            Gero P. Weishaupt                                                                                       

Reiterstandbild Theoderichs

Andreas Agnellus (805-846) war Historiker und stand im Dienst des Bischofs von Ravenna. In seinem "Liber Pontificalis" schreibt er, dass Karl der Große auf seinem Rückzug von der römischen Kaiserkrönung 801 über Ravenna gereist sei. Dort habe er das Reiterstandbild des Ostgotenkönigs Theoderich gesehen. Er habe es aus Ravenna mitgenommen und in der Pfalz in Aachen aufrichten lassen. Vermutlich schmückte das bronzene Standbild in Aachen den Platz zwischen dem Pfalzpalast und der Pfalzkapelle (also den heutigen Katschhof zwischen Dom und Rathaus). 

Die inhaltliche Bedeutung des  Reiterstatue in Aachen ist ungeklärt. M. Kenner, Karl der Große, 211, nennt verschiedene mögliche Motive, rät aber wegen der spärlichen Informationen um Zurückhaltung bei der Deutung: "Ist sie eine bloß ästhetisches Monument oder handelt es sich um eine bewußte Zeichensetzung - um ein politisches Programm für eine personfizierte Antike ... oder für ein fränkisch verstandenes Kaisertum ..., um ein Herrschaftszeichen der Aachener Kaiseridee ... oder gar um ein geschichtsträchtiges Symbol für den Wandelt vom Orbis Romanus zum mittelalterlichen Abend ...? Wir wissen es nicht, weil uns die Quellen über Karls Freude hinaus keine näheren Motive des Frankenherrschers überleifern und uns deswegen für die angedeuteten inhaltlichen  Alternativen Zurückhaltung auferlegen."

 

Nicht auszuschließen ist auch, dass Karl der Große auf dem Kapitol in Rom das berühmte Reiterstandbild Kaiser Marc Aurels gesehen hat und von diesem inspiriert und angeregt das diesem ähnlichen Reiterstandbild des Theoderichs in Aachen, dem zweiten Rom, hat aufstellen lassen wollen. Durch dessen früheren Standort in Ravenna war der Bezug zu Byzanz gegeben, das bisher als das zweite Rom gegolten hat und dessen Platz mit der Kaiserkrönung Karls des Großen Aachen eingenommen hat. Monumentaler Ausdruck dieses Übergangs sollte u.a. - außer der Pfalzkapelle selber - das Reiterstandbild Theoderischs in der Aachener Pfalz sein.

 

 

... in isto palatio ... piramis tetragonis lapidibus et bisalis, in altitudinem quasi cubiti sex; desuper autem equus ex aere,auro fulvo perfusus, ascensorque eius Theodoicus rex scutum sinistro gerebat humero, dextro vero brachio erecto lanceam tenens. Ex narbius vero equi patulis et ore volucres exibant in alvoque eius nidos haedificabant. Quis enim talem videre potuit, qualis ille? Quid non credit, sumat Franciae iter, eum aspiciat ... . Et nunc pene annis 38, cum Karolus rex Francorum omnia subiugasset regna Romanorum percepisset a Leono III papa imperium, postquam ad corpus beati Petri saramentum praebuit, revertens Franciam, Ravennam ingressus, videns pulcerrimam imaginem, quam numquam similem, ut ipse testatus est, vidit, Franciam deportare fecit atque in suo eam firmare palatio, qui Aquisgrani vocatur.

(Liber Pontificalis ecclesiasticus Ravennatis, cap. 4)

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