Gero P. Weishaupt
                                                            Gero P. Weishaupt                                                                                       

Erhalt der lateinischen Sprache

 

Das Zweite Vatikanische Konzils hat die lateinische Srpache nicht aus der Liturgie des römischen Ritus verbannen wollen. Ganz im Gegenteil: Die Konzilsväter sagen ausdrücklich:

 

„Der Gebrauch der lateinischen Sprache soll in den lateinischen Riten erhalten bleiben, soweit Sonderrecht entgegensteht.[„1] 

 

Joseph Ratzinger bemerkt zum Gebrauch der lateinischen Sprache, dass „Elemente des Lateinischen in der Liturgie bewahrt werden“[2]müssen, trotz Übersetzungen. Das Konzil hat im Blick auf die aktive Teilnahme der Gläubigen vor allem für die Lesungen, einigen Orationen und  Gesänge der Muttersprache einen weiteren Raum zubilligen wollen.[3] An  einen muttersprachlichen Vortrag des Eucharistischen Hochgebetes, des    Canon Missae, hatten die Konzilsväter nie gedacht. Mit Bezug auf die  Messfeiern fordert darum Ratzinger zurecht:

 

„Mindestens würde ich sagen, ist klar, daß der Wortgottesdienst in den Muttersprachen sein soll. Allerdings wäre ich dafür, daß eine neue Offenheit für das Lateinische entsteht. … Wenn selbst in den großen Liturgien in Rom niemand mehr das Kyrie oder Sanctus singen kann, niemand mehr weiß, was Gloria bedeutet, dann ist das auch ein Kulturverlust und ein Verlust in Gemeinsamkeiten. Insofern würde ich sagen, der Wortgottesdienst sollte auf jeden Fall in der Muttersprache sein, aber es sollte dennoch auch einen Grundbestand an Latein geben, der uns miteinander verbindet.[4] 

 

In seinem Geleitwort zu dem Büchlein „Conversi ad Dominum. Zur Geschichte und Theologie der christlichen Gebetsrichtung“ von Uwe Michael Lang weist der damaligen Präfekt der Glaubenskongregation ausdrücklich auf die Stelle in der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium Nr. 36  hin, wonach der Gebrauch der lateinischen Sprache in den lateinischen Riten erhalten bleiben soll.[5] Das Verschwinden der lateinischen Sprache war von den Konzilsvätern nicht intendiert, bemerkt Klaus Gamber:

„Das Konzil hat nicht befohlen, diese alte Kultsprache aus dem Gottesdienst zu entfernen. Die Liturgie-Konstitution bestimmt in Art. 36 sogar genau das Gegenteil, daß nämlich das Latein beizubehalten sei, daß aber gleichzeitig einem mehr oder weniger ausgedehnten Gebrauch der Muttersprache im Gottesdienst Eingang verschafft werden soll, wenn dies „zum Wohle des Volkes“ sei. In Art. 54 der Konstitution wird gefordert, daß die Gläubigen imstande sein sollen, diejenigen Teile der Messe auf Lateinisch zu sprechen oder zu singen, an denen die Gemeinde teilnimmt, also vor allem die Responsorien. Dies ist ein klarer Ausdruck für eine Koexistenz der lateinischen Messe und der Verwendung der Volkssprache.[6]

 

Der Wunsch Ratzingers, dass der Wortgottesdienst in der jeweiligen Volkssprache gehalten werden soll, entspricht auch ganz und gar konziliaren Vorgaben, das, ohne den Kultcharakter auszuschließen, auch den Verkündigungscharakter des Wortgottesdienstes herausgestellt hat:

 

„Von größtem Gewicht für die Liturgiefeier ist die Heilige Schrift. … Um daher Erneuerung, Fortschritt und Anpassung der heiligen Liturgien voranzutreiben, muß jenes innige und lebendige Ergriffensein von der Heiligen Schrift gefördert werden, von dem die ehrwürdige Überlieferung östlicher und westlicher Riten zeugt.“[7]

 

Man kann also feststellen, dass mit der „Reform der Reform“ Ratzinger/Benedikt XVI. auch auf eine Verwirklichung der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium im Hinblick auf die Kultsprache abzielt: Latein soll bewahrt und der Volkssprache, namentlich im Wortgottesdienst,  in weiterer Raum zugebilligt werden.

 

Das Anliegen Benedikts XVI., der lateinischen Sprache den Platz zurückzugeben, der vom Zweiten Vatikanischen Konzil vorgesehen war, klingt auch in seiner Postsynodalen Apostolischen Adhortation Sacramentum Caritatis deutlich an. Darin plädiert er für eine Verwendung des Lateins in Messfeiern namentlich bei internationalen Zusammenkünften:

 

„Um die Einheit und Universalität der Kirche besser zu zeigen, wollen Wir die Ratschläge der Bischofssynode, in Einklang mit den Normen des Zweiten Vatikanischen Konzils, empfehlen: außer den Lesungen, der Homilie und den Fürbitten ist es billig, dass solche Zelebrationen auf Latein erfolgen.“

Zugleich ruft er dazu auf, dass die Priester schon ab ihrer Seminarzeit lernen, die Messe auf Latein zu verstehen und zu zelebrieren, und auch in den  Gregorianischen Choral eingeführt werden und die Gläubigen die ihnen zukommenden lateinischen Gebete kennen sollen.[8]

 

 


[1]          SC, Nr. 36 § 1. Hervorhebung nicht im Original. Sonderrecht gilt namentlich für die slawischen Länder, in denen es ein altüberliefertes Recht war, die Liturgie in slawischer Sprache zu feiern.

[2]          J. RATZINGER, Gesammmelte Schriften, 676: „Man muss in der normalen Liturgie auch bestimmte Elemente des Lateinischen bewahren; eine gewisse Präsens des Lateinischen, als Band der kirchlichen Gemeinschaft, erscheint mir wichtig.“

[3]          SC, Nr. 36 § 2.

[4]          J. RATZINGER, Gott und die Welt, 358 f.

[5]          U.M. LANG, Conversi ad Dominum. Zur Geschichte und Theologie der christlichen Gebetsrichtung,  4. Auflage, Einsiedeln 2006. 7.

[6]          K. GAMBER, Fragen in die Zeit. Kirche und Liturgie nach dem Vatikanum II = Studia Patristica et Liturgica, Beiheft 24, hrsg. vom Liturgiewissenschaftlichen Institut Regensburg, Regensburg 1989, 154.

[7]          Vgl. SC, Nr. 24.

[8]          Sacramentum Caritatis, 62.

 

Druckversion | Sitemap
© Gero Weishaupt