Gero P. Weishaupt
                                                            Gero P. Weishaupt                                                                                       

Keine Gabenbereitung, sondern Opferbereitung

 

In der ordentlichen Form des  Römischen Ritus folgt nach den Fürbitten die sogenannte „Gabenbereitung“, der Beginn der Eucharistiefeier.  Bei der nachkonziliaren Liturgiereform wurde dieser Teil

„stark vereinfacht, wobei man an dieser Stelle ausdrücklich den Eindruck einer selbständigen Opfer-Darbringung vermied.[1]

 

In der außerordentlichen Form des Römischen Ritus wird dieser Teil nicht Gabenbereitung, sondern Offertorium (Opferung) genannt.

 

„Bei der Revision der Meßliturgie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil stand man vor der Frage, ob man den Ritus der Gabenbereitung … wieder in den mehr oder wenige ursprünglichen, einfachen Zustand zurückführen sollte; dies wäre das Herbeibringen von Brot und Wein sowie das Gebet über die Gaben (Gabengebet). Der Opferungs-Ritus war im Laufe er Zeit ja schwer überladen worden; überdies bestand die große Gefahr, daß man diesen Ritus falsch interpretieren könnte. Erst durch die Konsekration im eucharistischen Hochgebet wurde ja das Opfer der Kirche dargebracht.[2]

 

Diese Erwägungen haben in der Reform des Messordo im Anschluss an das Zweite Vatikanische Konzil zu einer inhaltlichen und stilistischen Änderung der vom Priester zu sprechenden Opferungsgebete geführt. An der Stelle der aus dem Mittelalter[3] stammenden stillen Opferungsgebete Suscipe Sancte PaterOfferimus tibi Domine, Veni Sanctifcator und Suscipe Sancta Trinitas verwendet das Missale Romanum Pauls VI.

„keine Gebete im Stil der römischen Orationen …, sondern eher Lobpreisungen im Sinne der jüdischen Beracha-Formeln und der Lob- und Dankformeln aus dem Alten und Neuen Testament.[4]

 

Dabei gehen diese neuen Gebete allerdings noch über die jüdische Tradition hinaus, insofern Paul VI. sie durch Zusätze versehen ließ, die „die menschliche Arbeit, durch die Brot und Wein zustande kommen und so als Gaben in der Eucharistie dargebracht werden können“[5], ausdrücken sollten.  Zwar wäre nach Klaus Gamber gegen neue Opferungsgebete nichts einzuwenden gewesen, doch sind für ihn die heutigen Texte „wenig befriedigend“[6]. So sehr es richtig ist, dass das eucharistische Opfer Christi während des eucharistischen Hochgebetes, näherhin bei der Wandlung erfolgt, so ist die Bereitung der Gaben und die sie begleitenden Gebete des Priesters doch als eine Art Vorweihe der Opfergaben von Brot und Wein und ihre Vorbereitung auf die Wandlung zu verstehen. Die Verantwortlichen für die Reform des Messordo nach dem Konzil hatten zu sehr aus dem Blick verloren, dass der Ritus der Gabenbereitung mehr ist als ein bloßes Herrichten von Gaben.

 

„Eben als Bereitung besitzt er auch eine vorbereitende Funktion. Die Form des Offertoriums und die begleitenden Gebete sind von großem Wert, die rechte Glaubenshaltung zu fördern, um das Opfer Christi in seiner Kirche zu feiern. In das Einbringen der Opfergaben legt der Gläubige sein Verlangen, am Opfer Christi teilzunehmen. In diesem Sinne hat der Ritus der Gabenbereitung eine tiefere Bedeutung als nur die einer technisch-materiellen Vorbereitung.[7]

 

Aus diesem Grunde sollte im Rahmen einer Reform der Reform des Messordo Pauls VI. die Bezeichnung „Gabenbereitung“ für diesen Teil der Eucharistiefeier aufgegeben und der theologisch zutreffendere und der Zielrichtung dieses Ritus angemessenere Ausdruck „Opferung“ oder „Offertorium“ wieder aufgenommen werden. Denn es handelt sich nur vordergründig um eine Gabenbereitung, vom Wesen und Ziel her aber um eine Opferbrereitung.

 

„Der Ausdruck ‚Gabenbereitung‘ ist insofern problematisch, als es weniger um die Bereitung der Gaben als solcher geht (sie stehen fertig zur Verfügung), sondern um die Vorbereitung dessen, was mit den Gaben geschehen soll. Insofern ist der Ausdruck Opferbreitung viel treffender. … Der Priester hält die irdischen Gaben entgegen mit der Bitte, er möge sie zu den himmlischen Gaben von Leib und Blut Christi verwandeln. Dass er Kanon diese Bitte wiederholt, braucht nicht gegen den Sinn der Opferbereitung angeführt zu werden. Wiederholungen und Pleonasmen sind in der Liturgie nicht unnützes Rankenwerk, sondern unterstreichen ihren mystagogischen (= in das Geheimnis führenden) Charakter.[8]

 

Aus dem Opferbereitungscharakter ergibt sich dann wie von selber die Frage, ob die diesen Ritus begleitenden „Lobpreisformeln nach Art der jüdischen Tischgebete“[9] wohl geeignet sind. Im Rahmen einer „Reform der Reform“ sollte man ernsthaft erwägen, sie durch solche, die den Opferungscharakter eindeutiger wiedergeben, zu ersetzen. Dabei sollte die Möglichkeit nicht unbeachtet bleiben, die herkömmlichen Opferungsgebete, wie sie im Missale Romanum Pius´ V. bzw. Johannes´ XXIII. seit dem 11. Jahrhundert vorgesehen sind, integral wieder zu verwenden, da sie einerseits in der Tradition verwurzelt sind, andererseits den Opferungscharakter der Gabenbereitung ungekürzt zum Ausdruck bringen.[10] Zudem würde hierdurch nicht nur der Opfercharakter der Messe als ganzer besser zum Tragen kommen, sondern auch die Einheit von lex credendi und lex orandi eindeutiger aufscheinen.

 


[1]          J. HERMANS, Die Feier der Eucharistie, 211.

[2]          Ibid., 211.

[3]          Ibid., 210 f.

[4]          Ibid., 218.

[5]          Ibid. 219.

[6]          K. GAMBER, Fragen in die Zeit, 86 f.

[7]          J. HERMANS, Die Feier der Eucharistie, 212.

[8]            U. FILLER, Liturgie, 112.

[9]          Ibid., 111.

[10]        Vgl. hierzu die hervorragenden inhaltlichen Erklärungen der Opferungsgebete bei M. GAUDRON,  Die Messer aller Zeiten. Ritus und Theologie des Meßopfers, Altötting, 2006, 84-90.

 

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